Wieder glücklich vereint fahren wir nach unserem Klosteraufenthalt mit dem Bus weiter nördlich. Im Kühlschrank-Bus (10°!) verbringen wir 19 lange Stunden bis wir endlich in Kalaw  ankommen. Hier reiht sich eine Trekking-Agentur an die nächste und auch wir möchten für ein paar Tage die Gegend erkunden und die vielen abgelegenen Bergstämme besuchen. Schnell finden wir Kokyaw – einen Guide, der verspricht uns abseits der Touristenpfade in der Gegend herumzuführen. „I make my own way!“ – Juhuu also nichts wie los!
Wir wandern am ersten Tag in der hügeligen Landschaft umher, vorbei an Chilli-Feldern, Mais- und Knoblauch-Anbau. Auch kommen wir immer wieder an kleinen Dörfern vorbei, wo Bergstämme von Minderheiten-Völkern leben. Diese haben ihre eigene Sprache und eigene Traditionen, die sie hier, abseits der Zivilisation weiterführen. Die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein! Die Menschen der Dörfer arbeiten auf ihren Feldern, harte Arbeit ohne Maschinen und nur wenige besitzen einen Wasserbüffel, welcher bei der anstrengenden Feldarbeit helfen kann! Wir sind beeindruckt von dem Leben der Menschen in den kleinen Dörfern – hier ist alles wie bei uns vielleicht vor 80 Jahren! Und es stimmt wirklich, wir sind immer die einzigen Touristen und treffen sonst keine anderen mehr während der ganzen zwei Tage. In einem Dorf fangen die kleinen Kinder sogar an zu weinen, als sie uns zwei fremd aussehenden Touris vorbeilaufen sehen! Sehen wir so furchteinflössend aus? 😉
Zum Mittagessen besuchen wir die Grosseltern von Kokyaw, die in einem kleinen Dorf wohnen. Wir werden mit Leckereien gemästet und können danach fast nicht mehr laufen, so vollgefressen sind wir! 🙂 Unterwegs erzählt uns Kokyaw von seinem Leben, seiner Familie und der politischen Vergangenheit Myanmars. Spontan werden wir eingeladen eine Primarschule zu besuchen. Wir freuen uns sehr darüber und haben viel Spass mit den Kindern. Stolz zeigen sie uns ihre Schulbücher und wir lernen mit ihnen Englisch zu zählen. So süss wie sie sich über unseren Besuch freuen! 🙂
Die Nacht verbringen wir im 50 Jahre alten Bambushaus der Schwiegereltern von Kokyaw. Wir schätzen uns glücklich, dass sie uns in ihrem Zuhause willkommen heissen und uns herzlich aufnehmen. Das Haus hat kein fliessendes Wasser, das Abendessen wird über dem offenen Feuer gekocht, eine einzige Glühbirne dient als Lichtquelle und das Plumpsklo steht 10m vom Haus entfernt. Zum Glück genügend weit weg um den Gestank nicht zu riechen. 😉 Die Menschen im Dorf gehören zum Pha’O Stamm und tragen traditionelle Kleidung und eine Art von Turban auf dem Kopf. Als Laura am nächsten Tag von der Schwägerin unseres Guides mit Thanaka, einer Paste aus geriebener Baumrinde vermischt mit Wasser, bemalt wird, sieht sie schon fast burmesisch aus! 😉 Die Menschen in Myanmar tragen diese Paste als Sonnenschutz, aber auch als eine Art von Make-up.
Am zweiten Tag der Trekking-Tour besuchen wir wieder verschiedene Dörfer und sehen wie traditionell Reis-Wein hergestellt wird. Natürlich probieren auch wir dieses „Gesöff“ und stossen mit den Bewohnern des Dörfchens an. Später besuchen wir einen grossen Markt. Dort lernen wir die burmesische Küche noch besser kennen, essen leckeren Tofu-Salat und „sticky rice“ aus einem Bambusrohr – lecker! Auch ein Besuch in einem traditionellen Teehaus, wie man sie überall in Myanmar findet, darf natürlich nicht fehlen. Dann geht es schon wieder zurück nach Kalaw und wir sind überglücklich nach diesen tollen zwei Tagen! Es ist toll, dass wir Myanmar so authentisch kennenlernen durften und so vieles über die Menschen und ihr Leben erfahren konnten.

Am nächsten Tag steigen wir in den Zug nach Loikaw. Wir fahren 13 Stunden lang durch eine wunderschöne, abgelegene Landschaft durch die keine Strasse führt und verbringen einen unvergesslichen Tag im Ruckel-Schüttel-20Km/h-Zug. Wir sind die einzigen Ausländer und haben so eine tolle Zeit mit den Einheimischen. Wir spielen mit ihren kleinen Kindern, essen mit ihnen und sehen am Ende des Tages auf der einen Seite des Zuges die Sonne untergehen und auf der anderen den Mond aufgehen. Sooo schön!

In Loikaw schliessen wir uns einer Gruppe an und machen eine Taxi-Tour in der Umgebung der Stadt. So lernen wir auch Alain kennen, einen Welschschweizer, mit dem wir uns von Anfang an super verstehen. Deshalb reisen wir dann auch die restlichen zwei Wochen in Myanmar mit ihm weiter! 🙂 Wir besuchen das Padaung-Village, in dem die Karen-Frauen goldene Spiralen um den Hals, Beine und Arme tragen. Solchen Village-Besuchen stehen wir immer etwas kritisch und mit gemischten Gefühlen gegenüber. Zum einen ist es spannend, solche Dörfer und Stämme zu besuchen und ihre Kultur kennenzulernen, zum anderen ist es ihr Zuhause und ihr privates Leben, was wir uns anschauen. Wir setzen und dann etwas abseits hin und beobachten wie ein Touristenbus direkt in das Dorf hineinfährt, die Reisenden aussteigen, die Kinder des Dorfes mit Süssigkeiten überhäufen, Fotos machen und wieder gehen. Keine fünf Minuten später wieder das gleiche Spektakel… Unser lustiger Fahrer an diesem Tag spricht zwar etwas Englisch, wir verstehen ihn aber fast nicht, da er die ganze Zeit die in Myanmar verbreitete Bettelnuss kaut. Das ist eine Art von Kautabak und der Mund und die Zähne verfärben sich mit der Zeit rot. Die Strassen im ganzen Land sind voller roter Flecken, da die rotgefärbte Spucke überall solche Flecken hinterlässt! Natürlich haben auch Chris und Alain nach kurzer Zeit den riesigen Betelnuss-Klumpen (eingewickelt in einem Blatt) im Mund und wir lachen Tränen als auch sie plötzlich genauso sprechen wie der Fahrer und links und rechts von Laura aus dem Auto spucken! 🙂

Den nächsten Stop machen wir am bekannten und sehr touristischen Inle-See. Dort unternehmen wir zu dritt eine Bootstour in einem langen Holzboot und sind von der Schönheit dieses Ortes begeistert! Unterwegs sehen wir die Einbein-Ruderer und die schwimmenden Gärten wo Tomaten und alles Mögliche angepflanzt werden. Wir müssen unseren Bootsfahrer immer wieder davon abbringen, dass er nicht an irgendwelchen Verkaufsständen und Märkten für Touristen anhält und versuchen dem Trubel etwas aus dem Weg zu gehen. Wir müssen immer wieder lachen, weil an jedem Verkaufsstand „special price, good quality, happy money“ etc. zu hören ist. Lieber besuchen wir Tempel und Klöster am Rand des Inle-See. So klettern wir auch auf einen kleinen Hügel und besuchen den Tempel dort oben. Hier ist es ganz ruhig, einzig der Klang der Glöckchen, oben an den goldenen Stupas, ist zu hören und die Aussicht über den See ist unbeschreiblich! Ein einziger, uralter Mönch wohnt hier oben. Wir setzen uns einige Zeit in die Pagode und er bietet uns Tee an. Chris merkt, dass der Mönche an den Füssen friert, deshalb schenkt er ihm kurzerhand seine Socken. Der Mönch probiert die Socken gleich an und strahlt übers ganze Gesicht! 🙂

Wieder einmal nehmen wir den Overnight-Bus und kommen morgens sehr früh in der Stadt der 1000 Tempel – Bagan an. Unterwegs lernen wir Remy und Mia kennen und unsere tolle Gruppe wird mit ihnen komplett! 🙂 Wir verbringen eine tolle Zeit mit ihnen in Bagan, besuchen verschiedene Tempel und Pagoden und haben viel Spass!
In Bagan geht es immer wieder darum wo man den besten Sonnenaufgang- oder –Untergang sehen kann. So fahren auch wir morgens früh noch bei Dunkelheit mit unseren E-Bikes los, klettern auf eine Pagode und warten dort auf den Sonnenaufgang. WOW, so einen schönen Sonnenaufgang haben wir noch nie gesehen! Der Himmel verfärbt sich orange und die vielen Tempel in der Umgebung erstrahlen in der Sonne. Dann starten die bekannten Heissluftballone in den Himmel… so wunderschön!
Tagsüber fahren wir mit den E-Bikes auf den sandigen Pisten herum und besuchen gefühlte 100 Tempel. Hier gibt es so viele davon, dass wir niemals alle an einem Tag anschauen können. Es macht so viel Spass einfach herum zu düsen und immer wieder andere, wunderschöne Tempel besichtigen zu können.
Bei Sonnenuntergang gehen wir zu fünft zu einem Tempel, dort setzen wir uns hin und Alain führt uns durch eine Meditation und die Stimmung in diesem Moment ist unbeschreiblich. Das ist eine dieser Erfahrungen, die wir nie wieder vergessen werden. 🙂 An einem Abend heisst es „Longyi-Time“ und wir alle sind mit unseren Longyis unterwegs! Die Locals freuen sich, dass wir alle in ihren traditionellen Wickelröcken gekleidet sind und machen immer wieder Fotos mit uns. Dass Alain und Chris unbewusst einen „Hochzeits-Longyi“ gekauft haben, macht den Abend noch lustiger! Am letzten Morgen in Bagan stehen wir wieder vor dem Sonnenaufgang auf uns können einen unserer Träume erfüllen: Heissluftballon fliegen über Bagan! Der Flug ist atemberaubend schön und wir fliegen über alle Tempelanlagen hinweg!

Unseren letzten Stop in Myanmar machen wir in Mandalay. Von dort aus geht dann auch unser Flug in den Norden von Thailand. Das letzte Mal Rumpel-Bus fahren und immer wieder vor Angst fast in die Hose machen, weil sie hier so schnell fahren und Überholmanöver starten, die aus einem Action-Film stammen könnten.. Auch sind hier die Lenkräder in den Autos und Bussen mal auf der linken, dann wieder auf der rechten Seite. Es gibt hier beides, das macht das Fahren und Überholen auch nicht unbedingt sicherer… 😉 In Mandalay besuchen wir wieder einige Tempelanlagen, beeindruckende Holzkloster und den grossen Palast. Dann heisst es Abschied nehmen von Myanmar und auch von Alain, der uns in der Zwischenzeit sehr ans Herz gewachsen ist!

 

Fazit:
In Myanmar haben wir drei unvergessliche Wochen verbracht. Das Land, die Menschen, die Kultur, das Essen und und und … wir lieben Myanmar! Während unsere Zeit hier haben wir wunderbare Menschen kennengelernt und Momente erlebt die wir nie mehr vergessen werden.
Myanmar zeigt sich, abseits der Touri-Attraktionen wie z.B. Bagan und Inle-See, noch sehr authentisch und als Reisender hat man die Möglichkeit das „echte“ Myanmar kennenzulernen. Die Menschen hier sind unglaublich herzlich und freundlich und das Land selbst ist wunderschön. Also falls ihr in der nächsten Zeit eine Reise plant geht nach Myanmar, es lohnt sich hierhin zu kommen bevor die grossen Touristenanstürme beginnen!

P.S. ein Buch-Tipp: „Das Herzenhören“ von Jan-Philipp Sendker: eine wunderschöne Geschichte die in Myanmar spielt.